Zur Vorbereitung der ENERGIE.CROSS.MEDIAL 2024 sprach Johann Terres, Praktikant im Forum für Zukunftsenergien e.V., mit Susanne Fabry, Netzvorständin bei der RheinEnergie AG.
Johann Terres: Frau Fabry, als Vorständin Netze bei der RheinEnergie AG verantworten Sie allein in Köln rund 10.000 km im Stromnetz. Wie hoch ist der Transformationsbedarf der Verteilnetze als Teil unserer Energieinfrastruktur?
Susanne Fabry: Das Verteilnetz ermöglicht die Transformation im Wärme- und Verkehrssektor. Unabhängig davon, ob es sich um eine Wärmepumpe, eine Ladestation oder eine PV-Anlage handelt – nahezu alle werden an das Verteilnetz angeschlossen. In Köln müssen wir dafür die Leistung unseres Stromnetzes verdreifachen und nahezu alle Abschnitte ertüchtigen. In Folge entstehen zahlreiche Baustellen, die das Leben der Kölnerinnen und Kölner betreffen werden. Die Maßnahmen bedeuten einen enormen Investitionsbedarf. Eine stärkere Digitalisierung und Automatisierung sind unerlässlich, um die Anforderungen in der geforderten Geschwindigkeit bedienen zu können.
Johann Terres: Auf der ENERGIE.CROSS.MEDIAL 2024 werden Sie zur allgemeinen Transformation der Verteilnetze sprechen. Wie weit vorangeschritten ist die Anpassung der Verteilnetze an die neue Erzeugungs -und Bedarfsstruktur?
Susanne Fabry: Als urbaner Netzbetreiber betrifft uns insbesondere die Dekarbonisierung des Verkehrs- und des Wärmesektors. Vor allem im Wärmesektor stehen wir aufgrund der erst kürzlich geänderten und in Teilen jetzt finalisierten gesetzlichen Rahmenbedingungen vor umfangreichen Anforderungen. Die Stromnetze verstehen wir als einen wesentlichen Teil der künftigen Entwicklung. Die großen Zahlen an Wärmepumpen und Elektroautos werden wir in den Stromverteilnetzen erst in den nächsten Jahren sehen. Darauf bereiten wir uns vor, indem wir schon heute die Grundlagen für intelligente Energienetze und einen resilienten Netzbetrieb legen. Unsere Netze sind in einem guten Zustand. Mit der erwarteten Entwicklung liegen enorme Herausforderungen vor uns, um das heutige Niveau der Versorgungsqualität zu halten.
Johann Terres: Inwiefern kann eine intelligente Netzsteuerung und Verteilung die Auslastung der Netze optimieren?
Susanne Fabry: Für eine intelligente Netzsteuerung braucht es zunächst eine flächendeckende Beobachtbarkeit der Stromnetze. Durch das Ausbringen von Sensorik und zunehmende Daten intelligenter Messysteme können die Auslastung des Netzes in Echtzeit analysiert und Optimierungsmaßnahmen durchgeführt werden.
Diese Grundlage ermöglicht z.B. die Aussage, wie viele Kunden noch angeschlossen werden können und damit einen noch gezielteren vorausschauenden Netzausbau. Auch lokale Überlastungen des Netzes werden sichtbar und können als Ultima Ratio zu einem temporären Dimmen des Stromverbrauchs beim Kunden führen.
Johann Terres: Welche Erwartungen haben Sie an die Politik der kommenden Jahre in diesem Kontext und mit Blick auf den Transformationsbedarf?
Susanne Fabry: Ohne aktive Unterstützung der Politik wird die Transformation deutlich langsamer. Was wir benötigen, fassen die „3Fs“ zusammen: Finanzierung, Flächen, Fachkräfte. Zur Finanzierung der anstehenden Investitionen ist ein attraktiver Regulierungsrahmen notwendig. Der mit dem Geld finanzierte Netzausbau muss auf der kommunalen Ebene durch schlanke und digitalisierte Genehmigungsverfahren und eine vorausschauende Ausweisung von Flächen begleitet werden. Um das alles umzusetzen, sind Fachkräfte notwendig. Fehlende Fachkräfte können die Transformation ebenfalls verzögern.