Interview mit….

 

…Minister Steinbach, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg

 

 Dr. Annette Nietfeld: Herr Minister Steinbach, im Rahmen von ENERGIE.CROSS. MEDIAL 2023 werden Sie gleich zu Beginn des zweiten Tages nach der stellvertretenden Kabinettschefin der Wettbewerbskommission Vestager einen Vortrag zum Thema „Deutschland und Europa im Wettlauf – Der Inflation Reduction Act und seine Folgen für die Märkte“ halten. Das bringt mich zu der Frage, ob dieser IRA schon jetzt für das Land Brandenburg konkrete Folgen hat.

Prof. Dr.- Ing. Jörg Steinbach: Es ist natürlich ein Signal, wenn die auch für Brandenburg wichtigen Zukunftsfelder wie die Batteriezellfertigung und die Wasserstofftechnologie durch den IRA jetzt massiv in den USA gefördert werden. Diese Subventionen liegen in Größenordnungen, die zur Folge haben könnten, dass geplante Investitionen in Deutschland und der EU in Frage gestellt werden. Wir müssen hier eine adäquate Antwort auf europäischer Ebene finden.

Für Brandenburg wird in diesem Zusammenhang natürlich immer auch an Tesla gedacht. Tesla hat die umfassenden Subventionen und die möglichen Implikationen des IRA bei uns angesprochen. Die Investition und der Ausbau in Grünheide seien aber nicht gefährdet.

Dr. Annette Nietfeld: Sie verweisen auf das Investment von Tesla in die geplante neue Batteriezellenfabrik in Brandenburg. Da die weltweiten Märkte für Batteriezellen sehr groß sind, wird es doch mehrere Fertigungsstätten geben müssen und die Frage, ob es Fertigungsstätten in den USA und Europa geben kann, stellt sich eigentlich nicht. Oder habe ich da was falsch verstanden?   

Prof. Dr.- Ing. Jörg Steinbach: Es gibt Prognosen, die in den nächsten Jahren von einem erforderlichen Investitionsvolumen in diesem Bereich von bis zu 300 Milliarden Euro weltweit ausgehen. Wenn diese Investitionen nun aufgrund des IRA vermehrt in den USA vorgenommen werden, dann sind natürlich erhebliche Nachteile für die EU und Deutschland zu erwarten. 

Dr. Annette Nietfeld: Dieses „America first“ ist ja nicht neu. Wir kennen es von Trump und auch von Obama und trotz dieser Haltung haben die USA in den vergangenen Jahren stark an Attraktivität für ausländische Investoren eingebüßt – so jedenfalls wurde Holger Görg vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel erst im Dezember letzten Jahres in der FAZ zitiert. Daran habe auch die Reduzierung der Unternehmenssteuer von 35 auf 21 % im Jahre 2017 nichts geändert. Sollten wir nicht also gelassener reagieren?

 Prof. Dr.- Ing. Jörg Steinbach: Auch wenn der IRA wohl gegen China gerichtet sein sollte, so hat man nicht ausreichend die Wirkung auf die EU berücksichtigt. Unsere europäische Wirtschaft könnte hier einen Kollateralschaden erleiden. Der IRA ist die größte Subventionsoffensive dieser Art, die es in den USA je gab. Für gewisse Zweige der Industrie birgt er möglicherweise das Risiko von Deindustrialisierung in der EU. Wir sollten hier nicht in Panik verfallen, aber wir sollten die Auswirkungen, die der IRA haben könnte, auch nicht unterschätzen, denn die Debatte wird zusätzlich angeheizt durch die hohen Energiepreise in der EU im Verhältnis zu den USA.

Dr. Annette Nietfeld: Wie sollten Ihrer Meinung nach die Institutionen auf europäischer und nationaler Ebene reagieren?

 Prof. Dr.- Ing. Jörg Steinbach: Ganz klar kann es hier nur eine gemeinsame europäische Reaktion geben. Ich halte es für notwendig, dass das europäische Fördersystem insgesamt eine strukturelle Neuerung erfährt. Ein Wende weg von der Projektförderung hin zu Produktförderung. Das würde mehr Verlässlichkeit und Rechtssicherheit für die Unternehmen schaffen.

 Dr. Annette Nietfeld: Gehen Sie davon aus, dass sich die Handelskonflikte noch verschärfen werden, wenn die EU wie geplant das Instrument des „Carbon Border Adjustment Mechanism“ einführt? 

Prof. Dr.- Ing. Jörg Steinbach: Der CBAM ist zwingend notwendig, um eine Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu erhalten. Sie müssen sich kostenintensiven Maßnahmen für den Klimaschutz unterwerfen. Die Klimaschutzmaßnahmen sind ohne Frage notwendig. Konkurrenten aus anderen Ländern außerhalb der EU haben diese meist nicht. Indien, China aber auch die USA zum Beispiel haben ein solches Niveau noch nicht erreicht. Ohne den CBAM wären gewisse Produktionen in der EU möglicherweise nicht mehr wettbewerbsfähig.

Insofern muss insgesamt die Frage gestellt werden, wie auf der einen Seite eine zu starke und schädliche Einmischung in den Markt verhindert wird. Auf der anderen Seite dürfen aber die unterschiedlichen Klima- und Umweltstandards keine Marktverzerrung bewirken.

Insofern steht das gesamte System der sozialen Marktwirtschaft vor einer Herausforderung im Sinne einer ökologischen Transformation. Bis sich aus dieser Neugestaltung eine stabile Wettbewerbssituation entwickelt hat, ist mit verstärkten Wettbewerbskonflikten zurechnen.

Dr. Annette Nietfeld: Herr Minister Steinbach, ich freue mich auf Ihre Ausführungen am zweiten Tag von ENERGIE.CROSS.MEDIAL 2023 am 1. März! Haben Sie vielen Dank für das Interview!

 

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