Zur Vorbereitung der ENERGIE.CROSS.MEDIAL 2024 sprach Johann Terres mit Barbie Kornelia Haller, der Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur.
Johann Terres: Frau Haller, Sie sind Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur. Welche Bereiche verantworten Sie in Ihrer Position bei der BNetzA?
Barbie Kornelia Haller: Ich bin seit Juni 2022 Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur. Verantwortung trage ich für die Regulierung der Bereiche Post und Energie sowie für die mit dem Netzausbau befasste Abteilung. Außerdem bin ich verantwortlich für unsere vielen Außenstellen.
Johann Terres: Auf der ENERGIE.CROSS.MEDIAL 2024 werden Sie auch zur Transformation der Infrastrukturen sprechen. Was trägt die Bundesnetzagentur dazu bei, die Transformation der Energienetze und anderer Infrastrukturen gleichzeitig umzusetzen?
Barbie Kornelia Haller: Die Bundesnetzagentur ist betraut mit der Aufgabe, die von den Netzbetreibern vorgelegten Entwicklungspläne der Stromübertragungsnetze und Gasfernleitungen zu prüfen, davon umfasst ist auch der „neue“ Energieträger Wasserstoff. Eine wichtige Aufgabe haben wir auch mit der Festlegung des Trassenverlaufs der wichtigen neuen, großen Stromleitungen.
Gleichzeitig stehen wir angesichts der Dynamiken in der Entwicklung der Strom- und Gasnetze vor neuen, teilweise auch unterschiedlichen Herausforderungen. Diese Veränderungen müssen wir in der Regulierung berücksichtigen. Deswegen wollen wir das Regulierungssystem einer inhaltlichen Überprüfung unterziehen. Dazu haben wir am 18. Januar 2024 Eckpunkte veröffentlicht und stellen erste Überlegungen zur Diskussion. Am 2. Februar 2024 hat zur Vorstellung des Eckpunktepapiers eine Auftaktveranstaltung stattgefunden. Zu dieser Veranstaltung waren Vertreterinnen und Vertreter der Netzbetreiber, der Energiebranche, der Wissenschaft, Behörden, Gerichtsbarkeit und Arbeitnehmer nach Bonn eingeladen. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das mehr Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur gefordert hat. Diese Anforderungen sind seit dem Jahreswechsel in deutsches Recht umgesetzt.
Johann Terres: Welche Konsequenzen hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes für die von Wirtschaft und Endverbrauchern zu tragenden Kosten der Energienetze?
Barbie Kornelia Haller: Unabhängig von der Haushaltslage des Bundes ist es Aufgabe der Regulierung, für Kosteneffizienz im natürlichen Monopol zu sorgen und darauf hinzuwirken, dass die Netzentgelte in einem für die Verbraucher vertretbaren Rahmen bleiben. Das ist nicht neu. Auch in der Vergangenheit hat die Bundesnetzagentur die Effizienz der Unternehmen geprüft. Sie sind in den vergangenen knapp zehn Jahren effizienter geworden. Unsere Erhebungen zeigen jedes Jahr aufs Neue, dass die deutsche Strom- und Gasversorgung weltweit eine der besten ist. Das bedeutet, wir bekommen bessere Qualität so günstig wie möglich.
Netzkosten sind wesentlicher Bestandteil der Strom- und Gasrechnungen privater Haushalte. Das Geld auch zukünftig so effizient wie möglich einzusetzen, ist gerade in Zeiten steigender Kosten elementar. Gleiches gilt aber auch für Industrie und Gewerbe. Daher wollen wir neben den Netzbetreibern insbesondere auch die Gruppe der Netznutzer sowie die Wissenschaft in den Konsultationsprozess zur Weiterentwicklung der Regulierung aktiv mit einbeziehen.
Johann Terres: Die Regulierung soll moderner und flexibler werden; so jedenfalls eine oft gehörte Forderung. Wie stehen Sie bzw. die BNetzA zu dieser Forderung?
Barbie Kornelia Haller: Das ist auch ein Ziel der Bundesnetzagentur. Die Regulierung hat sich über die Jahre zu einem mit dem Steuerrecht vergleichbaren Regelungsdickicht entwickelt. Deswegen muss unsere Regulierung schneller, einfacher und weniger bürokratisch werden. Ein Instrument für weniger Bürokratie kann darin bestehen, vermehrt auf pauschale Betrachtungen abzustellen. Hier muss zwischen Vereinfachung und Einzelfallgerechtigkeit abgewogen werden. Klar ist aber auch: Verlässlichkeit und Konstanz der regulatorischen Rahmenbedingungen haben einen eigenen Wert. Diesen wollen wir nicht für kurzfristige Experimente aufs Spiel setzen.
Johann Terres: Der enorme Ausbaubedarf der Stromnetze ist mit sehr hohen Kosten und somit auch steigenden Entgelten verbunden. Welche Möglichkeiten hat die Bundesnetzagentur, die Kostenanstiege zu begrenzen?
Barbie Kornelia Haller: Die tatsächlichen Kosten der Netzbetreiber bestimmen maßgeblich die Höhe der erlaubten Erlöse. Die Kosten und der notwendige Netzausbaubedarf werden sich nachhaltig nur dann begrenzen lassen, wenn Effizienzpotenziale gehoben werden. Dazu dient der Budgetansatz der Anreizregulierung mit seiner Entkopplung von Kosten und Erlösen. Er ist die zentrale Triebfeder dafür, dass die Netzbetreiber wie Unternehmen im Wettbewerb stetig nach Optimierungs- und Kostensenkungspotenzialen suchen. Zu diesen gehören etwa der Einsatz digitaler Technik oder von Instrumenten für eine effiziente Nutzung der technischen Transportkapazität sowie die Hebung von Synergien durch eine (gemeinsame) Beschaffung von Bauteilen oder IT-Dienstleistungen. Der regulatorische Effizienzvergleich sorgt dafür, dass auch die Netznutzer von diesen Potenzialen profitieren können.